Industrie, Energie & Umwelt

In Tunesien nimmt das Bewusstsein für eine energiesparende und umweltschonende Lebens-, Arbeits- und Produktionsweise deutlich zu. Maßnahmen staatlicher und privatwirtschaftlicher Akteure vor Ort haben einen Rahmen geschaffen, der deutschen Anbietern exzellente Absatzpotenziale ermöglicht.

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In Tunesien nimmt das Bewusstsein für eine energiesparende und umweltschonende Lebens-, Arbeits- und Produktionsweise deutlich zu. Maßnahmen staatlicher und privatwirtschaftlicher Akteure vor Ort haben einen Rahmen geschaffen, der deutschen Anbietern von Produkten und Dienstleistungen exzellente Absatzpotentiale ermöglicht.

Fakten

  • Die Fläche Tunesiens besteht zu 5% aus Feuchtgebieten, 32% landwirtschaftlich genutzten Flächen, etwa 13% Waldgebieten, 0,5% urbanisierten Gebieten und zu etwa 50% aus unerschlossenen Gebieten
  • Kontinuierlich wachsende Stromnachfrage von etwa 4-6% pro Jahr
  • Weitgehend trockenes Land dessen Klima durch Winde vom Meer und aus der Sahara, sowie durch den Dorsale-Gebirgszug beeinflusst wird. Die maximalen und minimalen Durchschnittstemperaturen betragen etwa 23°C, bzw. 13°C

Brancheninformationen

Energiemarkt in Tunesien

  • Bis zum Jahr 2030 kann sich der Stromverbrauch in Tunesien mehr als verdoppeln
  • Gegenwärtig Stromkapazität auf rund 4.200 MW, zum überwiegenden Teil aus fossilen Energieträgern wie Naturgas und Erdöl, Kohle- und Atomenergie werden nicht genutzt
  • Das Importvolumen Tunesiens für Ölprodukte liegt bei 60% und das für Gas bei 47% des Gesamtbedarfs.
  • Derzeit umfassen die direkten und indirekten staatlichen Subventionen 2,409 Milliarden Euro: 43% für Ölprodukte, 41% für Elektrizität und 16% für Gas
  • Diese Förderung soll allerdings während der kommenden sechs Jahre in mehreren Etappen reduziert, bzw. komplett abgeschafft werden und der Preis damit dem internationalen Niveau angeglichen werden
  • Der Industrie- und der Tourismussektor machen 36%, bzw. 9% der Energienachfrage aus
  • Innerhalb des Industriesektors sind rund 60% des Energieverbrauchs auf Bau-, Baustoff-, Keramik- und Glasindustrie zurückzuführen, gefolgt von der Chemischen Industrie (15%) und der Nahrungsmittelindustrie (7%)
  • 320 Betriebe der 6.000 verarbeitenden Unternehmen weisen jeweils einen Verbrauch von jährlich mehr als 800 Tonnen Rohöleinheiten (TEP) auf, was 75% des Gesamtenergiekonsums des Industriesektors ausmacht

Energieeffizienz

  • Das durchschnittliche Energieeinsparpotenzial in tunesischen Hotels liegt nach Schätzungen der tunesischen Energieagentur ANME (Agence National pour la Maîtrise de l‘Energie) bei etwa 20%
  • Zwischen 2013 und 2030 werden aufgrund des Einsatzes erneuerbarer Energien 17,5 Millionen Tonnen Rohöleinheiten (TEP) eingespart, 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen und 42 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden
  • Etwa 3.390 Personen in Tunesien sind im Bereich Erneuerbare Energien und Energieeffizienz beschäftigt. Davon arbeiten 1.445 im Bereich Erneuerbare Energien, 930 im Bereich Energieeffizienz und 975 in Forschung und Entwicklung, Beratung und der Förderung des rationellen Umgangs mit Energie

Erneuerbare Energien

  • Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien im tunesischen Energiemix auf etwa 16% (1700 MW) und bis zum Jahr 2030 auf 30% (3700 MW) gesteigert werden
    • 2020 sollen 49% aus Windkraft, 32% aus PV und 19% aus CSP stammen
    • 2030 sollen etwa 47% durch Windkraft, 41% durch PV und 12% durch CSP erzeugt werden
  • In Tunesien wurden bis 2012 bereits in drei Windkraftparks Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von 245 MW errichtet
  • Zur Verfügung stehende Brutto-Gesamtfläche für Windanlagen beträgt 31.700 km2. Bei einer angenommenen Flächennutzung von 1.600 km2 (1% der Landesfläche Tunesiens) beträgt das Brutto-Windpotenzial in Tunesien mehr als 8.000 MW
    • bis 2030 zwischen 1.500 MW und 2.700 MW aus Windenergie
  • Der Tunesische Solarplan (PST) sieht im anvisierten Energie-Mix für das Jahr 2030 im Bereich Photovoltaik eine installierte Produktionskapazität von 1.510 MWp vor
  • Die bereits realisierten Projekte im Bereich Solarenergie umfassen bisher 3.000 Dächer mit Solarkollektoren, 650.000 m2 Solaranlagen zur Warmwassererzeugung, 14 000 mit Solartechnik ausgestattete Haushalte, Schulen und Grenzposten in ländlichen Gebieten sowie 120 solarbetriebene Wasserpumpen
  • Wasserkraft hat im Energie-Mix Tunesiens eine untergeordnete Bedeutung. Derzeit werden etwa 38 GWh Strom aus Wasserkraft erzeugt, was einem Anteil von 0,4% der gesamten Stromproduktion des staatlichen Energieversorgers STEG entspricht

Potenziale für KMU

  • Anerkennung Deutschlands als internationaler Markt- und Innovationsführer im Bereich Energieeffizienztechnologie und Energieberatung
  • Die aktuelle Transitionsphase in Tunesien bietet vielfältige Entwicklungsperspektiven und Wachstumschancen
  • Durch die Gesetze zur Energieeinsparung vom Februar 2009, bieten sich neue Potenziale und ein lukratives Geschäftsumfeld
  • Im Rahmen der Transformationspartnerschaft gibt es eine Ausweitung der Wirtschaftskooperation durch die tunesisch-deutsche Energiepartnerschaft (Ausbau der Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz)
  • Absatzpotenziale für deutsche Unternehmen im Industrie- und Tourismussektor liegen in den Bereichen Klimatechnik, Drucklufttechnologie, Prozesswärmebereitstellung, Wärmerückgewinnung, Gebäudewirtschaft/ Gebäudetechnik, Energiemanagement und Energieoptimierung

Emissionsreduzierung in der Zementindustrie

  • Im Jahr 2012 war die Zementindustrie, mit einem Ausstoß von 6,4 Millionen Tonnen CO2 und einer Intensität von 0,810 teCO2 pro Tonne Zement, für 10% der gesamten Treibhausgasemissionen Tunesiens verantwortlich
  • Bei Beibehaltung des Status Quo wird die tunesische Zementindustrie ab dem Jahr 2020 tendenziell 11,5 Millionen Tonnen CO2 emittieren und eine Intensität von 0,793 teCO2 pro Tonne Zement aufweisen
  • Für den Zeitraum 2014-2020 existiert das Potenzial den Ausstoß von Treibhausgasen in der Zementindustrie um 8 Millionen teCO2 zu reduzieren. Dies entspricht etwa einer Reduzierung der CO2-Intensität um bis zu 21% bis zum Jahr 2020 (von tendenziell 0,793 teCO2 pro produzierte Tonne Zement auf 0,626 teCO2 pro Tonne)

Abfallwirtschaft

Die tunesische Entsorgungswirtschaft gilt heute als führend in der Region. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass sie im Vergleich zu entwickelten Industriestaaten wie Deutschland noch einen langen Weg vor sich hat, um das wirtschaftliche Potential effizient zu nutzen, das in der Aufbereitung und Valorisierung der lokalen Abfälle liegt.

  • Hausmüllaufkommen in Tunesien bei circa 2,2 Mio. Tonnen, 2% Wachstum pro Jahr
  • Die Aufnahmekapazität der Mülldeponien liegt bei 1.765.000 Tonnen pro Jahr, was etwa 80% der gesamten Hausmüllmenge entspricht
  • Die individuelle Müllgenerierung variiert, je nach Milieu, zwischen 0,10 bis 0,25 kg pro Tag pro Person (kg/j/h) in urbanen Gebieten sowie zwischen 0,65 und 0,85 kg/j/h in ländlichen Gebieten
  • Handlungsbedarf gibt es insbesondere im Bereich industrieller Schadstoffe und medizinischer Abfälle (zusammen geschätzte 18.000 Tonnen pro Jahr)
  • Gesamten jährlichen tierischen Abfälle liegen bei 4,8 Mio. Tonnen. Davon sind circa 50% verwertbar und entsprächen einem Biogaspotential von 167,3 m3/Jahr

Wasser- und Abfallwirtschaft

  • Wasserressourcen im Volumen von 4,85 km³, davon befinden sind 2,7 km³ oberirdisch und 1,8 km³ unterirdisch
  • Aufgrund der hohen Nachfrage ist der Druck auf die Wasserressourcen beachtlich. Dies betrifft insbesondere Regionen mit Bewässerungen, wo etwa 80% der Wasserressourcen genutzt werden. Im Jahr 2010 betrug der Bedarf etwa 2,7 Milliarden m³
  • In Zukunft muss sich die tunesische Wasserwirtschaft stärker auf die Entwicklung sekundärer Versorgungsmöglichkeiten konzentrieren. Dazu gehören neben Klärung und Wiederverwendung von Abwässern auch die Entsalzung von Brack- und Meerwasser
  • Bis zum Jahr 2025 werden vor allem Know-how und Materialien in den Bereichen Wasser- und Abwassertechnik benötigt, da der tunesische Expertise- und Materialbedarf das vorhandene Potenzial übersteigt

Automobilindustrie

  • Die Automobilzuliefererindustrie hat sich, insbesondere nach dem deutlichen Wachstum der letzten Jahre, zu einem wichtigen Industriezweig für Tunesien entwickelt.
  • Im Jahr 2011 verzeichnete die tunesische Kfz-Teileproduktion ein Wachstum mit einer deutlichen Exportsteigerung von Kabelprodukten
  • Insgesamt sind rund 115 Unternehmen in der Produktion von Kfz-Ersatzteilen und Kfz-Zubehör tätig, von denen 40 ausschließlich auf den Export ausgerichtet sind
  • Diese Unternehmen beschäftigen in Tunesien ca. 13.500 Mitarbeiter und fertigen insbesondere Kabelbäume, aber auch Kupplungssysteme, Kühler, Lampen, Motorenteile und Bremsen
  • Zu den namhaften ausländischen Kfz-Zulieferern, die in Tunesien tätig sind, zählen unter anderem auch Unternehmen wie Dräxlmaier, Leoni, Nexans oder Pirelli
  • Exportentwicklungen des tunesischen Kfz-Ersatzteilesektors, 2011/2012: Export 8708er Reihe (Stoßstangen, Bremsen, Schaltgetriebe, Achsen etc.): 19.42 %, Export Karosserien / Fahrgestelle: 58.60%

Textil- und Bekleidungsindustrie

  • Die Textil- und Bekleidungsindustrie in Tunesien ist der strategisch wichtigste Industriezweig der tunesischen Volkswirtschaft. Sie stellt den größten Sektor der verarbeitenden Industrie dar, was sich sowohl in den Export- als auch in den Beschäftigungszahlen bemerkbar macht
  • Insgesamt sind in Tunesien 1.815 Unternehmen im Textil- und Bekleidungssektor registriert, welche mehr als 10 Mitarbeiter haben
  • Diese beschäftigen rund 174.000 Mitarbeiter – das sind 41% der gesamten verarbeitenden Industrie
  • Der Branchenumsatz betrug in 2012 4,9 Milliarden TND. Jeans (13% der Exporte, 642,7 Mio. TND) und T-Shirts (10,2% der Exporte, 506,7 Mio. TND)
  • 83,6% der in Tunesien produzierten Textilien sind ausschließlich für den Export bestimmt, wobei 95% der Textilexporte nach Europa exportiert werden. Hauptabnehmer ist mit 33% Frankreich, gefolgt von Italien mit 31%
  • Die Europäische Union spielt als Zulieferer eine wichtige Rolle in Tunesien. Rund 72% der Importe in Tunesien stammen aus Europa, wobei Textilprodukte überwiegend aus Italien (27,2%) und Frankreich (20,2%) kommen
  • Wachstumsraten in der Textilbranche 2012/2013: Produktions- / Herstellungsentwicklung : + 3,2 %, 2012 / 2013 : Exporte + 5,0%, (Wert : 6227.2 MD), Importe + 4,7% (Wert : 4473,4 MD)

Wichtige Ansprechpartner

  • CITT: Centre Technique de Création, d'Innovation et d'Encadrement dans le Secteur du Tapis et de Tissage und
  • CETTEX: Centre Technique du Textile

Elektrotechnische Industrie

  • Der Elektroniksektor in Tunesien hat sich, bedingt durch die hohe Wettbewerbsfähigkeit des Landes, zu einer zukunftsträchtigen Branche entwickelt
  • Rund 375 Unternehmen sind auf dem tunesischen Markt vertreten, 244 dieser Betriebe (53,7%) sind ausschließlich auf den Export orientiert
  • Auch im Bereich der Forschung und Entwicklung steigert Tunesien seit einigen Jahren seine Bemühungen stetig. Speziell die Technologieparks in Tunis, Sfax und Sousse sind auf die Themenfelder Informatik, Elektronik, Mechanik und Mechatronik spezialisiert. Dadurch werden in Tunesien ausgebildete Ingenieure schon frühzeitig auf die zukunftsfähigen Produktionskonzepte vorbereitet
  • Wachstumsraten im Elektroniksektor 2012/2013: Exporte 6.69%, (Wert 2013 : 10364,6 MD), Importe 0.60 % (Wert 2013: 16048 MD)

Dienstleistungen

 Um interessierte Unternehmen individuell über die Potenziale, Chancen und Markteintrittsbedingungen des tunesischen Energie- und Umweltmarktes informieren zu können, bietet die AHK Tunesien ein vielfältiges Beratungsangebot mit kommerziellen Dienstleistungen für den Markteintritt in Tunesien oder die Kooperation mit tunesischen Partnern an.